Testturm aus Stahlbeton

Testturm für Aufzugsanlagen in Rottweil
(in: BAUKULTUR 1_2016, S. 20-21)

Aufgrund der begrenzt zur Verfügung stehenden Flächen in urbanen Gebieten sind Gebäude mittlerer und großer Höhen die effizienteste Bauoption. Derzeit sind über 180 Gebäude im Bau, deren Höhe 250 m übersteigen wird. Das bedeutet einen enormen Bedarf an Mobilitätslösungen wie Aufzüge. Der neue Testturm der thyssenkrupp AG wird Ende 2016 fertig gestellt sein und dann eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der globalen Innovationsstrategie des Unternehmens spielen. Für die Bauausführung des 246 m hohen Turms zeichnet die Ed. Züblin AG verantwortlich.

Zueblin Rottweiler Turm 10
Der neue Testturm für Aufzugsanlagen in Rottweil wird Ende 2016 in Betrieb genommen (Foto: Ed. Züblin AG)

Zylindrische Form aus Stahlbeton
Im April 2014 konnte die Ed. Züblin AG mit dem von ihr beauftragten Planerteam (Helmut Jahn und Werner Sobek) den von thyssenkrupp Elevator ausgelobten Design and Build-Wettbewerb für sich entscheiden und wurde mit der Planung und schlüsselfertigen Bauausführung durch thyssenkrupp Elevator beauftragt. Dem Bauherrn war es besonders wichtig, dass das innere und äußere Erscheinungsbild des Bauwerks den Anspruch des Konzerns hinsichtlich Innovation, Technologieführerschaft und Transparenz widerspiegelt. Der Turm erhielt eine zylindrische Form aus Stahlbeton mit einem Durchmesser von ca. 21 m und einer Höhe von 246 m. Die Baugrube wurde 30 m tief ausgebildet, sodass insgesamt eine Schachthöhe von 276 m hergestellt wurde und für die Aufzugstests eine maximale Fahrstrecke von ca. 230 m zur Verfügung steht. Die oberste Ebene wird als öffentlich zugängliche Besucherplattform ausgebildet und mit 232 m die höchstgelegene Aussichtsplattform Deutschlands sein.
Die Fassade aus PTFE-Membran wird als leichte semitransparente Konstruktion in aufsteigender Spiralform den Betonschaft umhüllen, die neben der gestalterischen Funktion auch eine Schutzfunktion der Betonkonstruktion vor intensiver Sonneneinstrahlung und Wind und damit vor Überhitzung oder starker Auskühlung bietet.

Baufortschritt
Nach nur knapp 10 Monaten Bauzeit wurde im Juli 2015 Richtfest gefeiert. Unter Einhaltung des Zeit- und Kostenplans wurden im Dreischichtbetrieb rund um die Uhr in 245 Tagen die 30 m tiefe Grube ausgehoben, die Bodenplatte gegossen und in Gleitschalungsbauweise der Turm gebaut. An Spitzentagen wuchs der Bau um bis zu 4 m in die Höhe. Mit dem Bau des gläsernen letzten Stockwerks und dem Abschluss der Aufzugsschächte hat der Turm eine Höhe von 244 m erreicht. Die letzten beiden Meter bis zur finalen Höhe von 246 m folgen mit der Fertigstellung der Fassade.
Mitte August begann der Innenausbau. Im ersten Schritt wurden die einzelnen Stockwerksdecken eingezogen, denn mit Hilfe der Gleitschalungstechnik, bei der die Arbeitsplattform kontinuierlich mit dem Turm nach oben wächst, ist zunächst eine Betonröhre mitsamt Aufzugsschächten und Wänden entstanden. Im Herbst begann der Einbau der Gebäude- und Aufzugstechnik, und im März 2016 folgen die Arbeiten an der Außenmembran. Die Inbetriebnahme ist für Ende 2016 geplant.

Zueblin Rottweiler Turm
Das Turminnere wird insgesamt 12 Testschächte beherbergen (Foto: Ed. Züblin AG)

Innovationszentrum
Für thyssenkrupp Elevator wird der Testturm in Rottweil künftig eine Schlüsselfunktion bei der Umsetzung der globalen Innovationsstrategie spielen. Gemeinsam mit dem Aufzugswerk in Neuhausen auf den Fildern und als Teil des Forschungs- und Entwicklungsstandorts in Pliezhausen bildet der Testturm das Innovationszentrum für Aufzugstechnologien in Deutschland.
Zu den Zukunftstechnologien, die in Rottweil zukünftig getestet werden, zählt insbesondere auch das neue MULTI-System, das Ende 2014 erstmals vorgestellt wurde und momentan in der Prototypenphase ist. Im neuen Testturm soll das MULTI-System dann unter realen Bedingungen getestet und zertifiziert werden. Dank seillloser Technologie, einem mehrstufigen Bremssystem und induktiver Energieübertragung benötigt das MULTI-System kleinere Schächte als konventionelle Aufzüge. Als Antrieb kommt die Magnetschwebetechnologie aus dem Transrapid zum Einsatz. Diese hat gleich mehrere Vorteile: Durch die seillose Konstruktion können mehrere Aufzugskabinen in einem Aufzugsschacht betrieben werden. Das erhöht die Beförderungskapazität in einem Schacht um bis zu 50 % und reduziert gleichzeitig den Platzbedarf des Aufzugs im Gebäude um die Hälfte. Darüber hinaus können sich die Aufzüge sowohl seitwärts als auch ohne Limitierung der Fahrstrecke in die Höhe bewegen, was völlig neue Anwendungen erlaubt. Im neuen Testturm sind alleine drei der 12 Turmschächte für das neue MULTI-System vorgesehen.
Von außen ist davon nichts zu sehen. Und trotzdem hat sich der Turm bereits während der Bauphase zu einem Publikumsmagneten entwickelt. Dieser Trend wird sich sicher noch verstärken, sobald der Turm sein endgültiges Erscheinungsbild hat. Dafür haben die Architekten Helmut Jahn und Werner Sobek einen Entwurf geschaffen, der eine schlüssige Verbindung zwischen der historischen Turm- und Kirchturmlandschaft von Rottweil und dem zukunftsweisenden Industriedesign des Turms herstellt.

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