Erweiterung des Kunstmuseums in Chur

Architektonischer Dialog
(in: BAUKULTUR 1_2017, S. 28-29)

Mit der Erweiterung der historischen Villa Planta in Chur wurde ein Gebäude mit starkem Charakter und zugleich schlichter, kompakter Struktur geschaffen. Ein abstraktes Flachrelief aus Beton unterstreicht die Eigenständigkeit des Baus. Für den Entwurf verantwortlich waren das Studio Barozzi Veiga aus Barcelona und als Subplaner Schwander & Sutter Architekten aus Chur.

Erweiterung des öffentlichen Raums
Mit der Planung eines stark minimierten Gebäudevolumens haben die Architekten einen neuen öffentlichen Raum geschaffen, der sich ebenso in das Museum integrieren lässt wie die Grünanlagen der historischen Villa Planta. Die Verlegung der Ausstellungsräume in die unteren Geschosse hat ermöglicht, den für das Projekt geeigneten Maßstab und das passende Verhältnis zu finden. Damit gelang es, dem Gebäude einen eigenständigen Charakter zu verleihen, der den öffentlichen Raum erweitert und den baulichen Zusammenhalt zwischen den angrenzenden Bauten verbessert.

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Ein netzartiges Flachrelief aus vorgeformten perlgrauen Betonelementen umhüllt die Fassaden (Foto: Simon Menges)

Kontinuum der Gebäude
Der Erweiterungsbau stellt seine Eigenständigkeit zur Schau, ist dabei aber nicht losgelöst von seinem Umfeld. Beabsichtigt war, ein Kontinuum zwischen der historischen Villa und ihrer Erweiterung zu schaffen. Der architektonische Dialog zwischen den Gebäuden basiert auf der Balance ihrer klassischen Strukturen, die einen Bezug zur palladianischen Formensprache der Villa Planta aufweisen. Um den Zusammenhalt der gesamten Anlage zu gewährleisten, ist das neue Gebäude genau wie die Villa ein Zentralbau, der sich der Symmetrie bedient. Dieses Kriterium der Raumgestaltung auf den Erweiterungsbau auszuweiten, erlaubt die Interaktion zwischen Villa und Neubau, die als eine Einheit verstanden werden können.

Ornamentale Gestaltung
Auch über die Ornamentik wird ein Dialog zur historischen Villa hergestellt. Orientalische Einflüsse bestimmen die Architektur der Villa Planta und sorgen für eine gewisse Unabhängigkeit vom städtebaulichen Umfeld. Dieses Prinzip sollte auch den Erweiterungsbau auszeichnen, weshalb die Ornamentik auf seine Fassadenkomposition übertragen wurde. Der kompositorische Aufbau der Fassaden und die ornamentale Gestaltung des äußeren Volumens betonen die Ausdrucksstärke des Gebäudes ebenso wie seine Eigenständigkeit gegenüber der Villa. Das Fassadenmotiv, ein abstraktes Flachrelief bestehend aus vorgeformten perlgrauen Betonelementen, das an die orientalischen Motive der Villa erinnert, umhüllt die gesamten Außenfassaden und unterstreicht die Eigenständigkeit des Baus. Es handelt sich um eine selbsttragende Fassade mit Hinterlüftung. Planung, Produktion, Lieferung und Montage erfolgten durch die Sulser AG. Zum Einsatz kamen 168 Elemente mit Gewichten zwischen 140 kg und 15 t. Entscheidend war eine hohe Präzision in horizontaler und vertikaler Richtung. Die Oberfläche der Fassadenelemente wurde schalungsglatt mit einer Wabenmatrize hergestellt, einer sehr speziellen Matrizenform mit drei verschiedenen Geometrietypen. Beim Beton handelt es sich um eine Mischung aus Jurakalk und Weißzement. Die Fensterelemente bestehen allseitig aus Sichtbeton. Alle Eckelemente sind aus einem Guss hergestellt.

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Eine klare, reduzierte Formensprache bestimmt die Innenräume und ermöglicht eine flexible Nutzung (Foto: Simon Menges)

Ausstellungsbereiche
Im Erweiterungsbau ist die klassische Raumordnung nicht einfach als strenges Gefüge zu verstehen, vielmehr bringt sie dank der vereinfachten Struktur sehr flexible Räumlichkeiten hervor. Das innere Funktionsschema baut auf zwei vertikalen parallelen Baukernen auf, die auch die Tragstruktur des Gebäudes bilden. Das Foyer ist ein weiter offener Raum, der auf direkte Weise mit der Villa Planta in Verbindung steht. Im äußeren Baukörper sind der Projektraum, die Kunstvermittlung und die Werkstätten der Museumstechnik untergebracht. Eine großzügige Treppe führt zu den Ausstellungsräumen in den Untergeschossen. Im 1. Untergeschoss wird die Sammlung in einer Raumfolge von gut proportionierten Sälen präsentiert. Für die Wechelausstellungen im 2. Untergeschoss hingegen besteht der Ausstellungsbereich aus einem einzigen großen Raum, der eine flexible modulare Gestaltung ermöglicht.

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