1.000 Jahre St. Michaelis in Hildesheim

DAI Mitglied im Blickpunkt: Ingenieurbüro Götz & Ilsemann, Hildesheim
in: BAUKULTUR 1_2010 (S. 6-7)

gtz_1Foto: Ulrich Ahrensmeier

Historische Bedeutung
Die Fertigstellung der Fundamente der Michaeliskirche in Hildesheim geht auf die Jahre 1007 bis 1010 zurück. Errichtet ist sie über einem Doppelkreuz-Grundriss als dreischiffige, flachgedeckte Basilika mit zwei Querhäusern und zwei quadratischen Vierungstürmen. Ihre Planung ist maßgeblich durch Bischof Bernward beeinflusst, Erzieher von Otto III. und bedeutender Theologe, Künstler und Politiker seiner Zeit. Die Baukunst des 9. und 10. Jahrhunderts ist in St. Michaelis zu einer Meisterschaft gebracht. Im 11. und 12. Jahrhundert wird die Michaeliskirche Vorbild vieler Sakralbauten in Europa. Damit symbolisiert St. Michaelis 400 Jahre Kirchenarchitektur, womit ihr eine nördlich der Alpen einmalige Bedeutung zukommt.
Erhebliche bauliche Beeinträchtigungen brachten die napoleonische und nachnapoleonische Zeit mit sich. 1842 stand St. Michaelis, nicht mehr gebrauchstauglich, für den Abriss bereit. Glückliche Wendungen fügten unter C. W. Hase den Wiederaufbau 1855 bis 1857.
1945 versank die Kirche im Bombenhagel zu einer Ruine. Der Wiederaufbau erfolgte in weitgehend bernwardinischem Sinn.
Seit 1985 ist die Michaeliskirche in Hildesheim in die Welterbeliste der UNESCO eingetragen.

Baugrund
In Lößlehm um 1,45 m tief gegründet führte die dauernde Durchweichung des Baugrundes diesen immer nahe an die Fließgrenze und veränderte seine Struktur wesentlich. Das Bauwerk driftete in diesem wechselnd aufweichenden und - zu trockenen Jahreszeiten - austrocknenden Boden nach Südwest. Die Folge waren sich ständig wiederholende schwere bis schwerste Bauschäden bis hin zu Einstürzen.

Große Sanierung
Anfang September 2005 begann die große Sanierung und Restaurierung der Michaeliskirche. Zum Jubiläumsjahr 2010 werden die Arbeiten im Inneren bis auf einzelnes Inventar vollständig und im Äußeren zur Hälfte abgeschlossen sein.

gtz_2Foto: Ulrich Ahrensmeier

Restaurierungskonzept
Die schwierige Gründungssituation hatte seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zu schweren Schäden bzw. Rissbildungen geführt. Es galt, nach Entfernen des Betonfußbodens einen bauphysikalisch verträglichen, statisch belastbaren Unterbau mit Natursteinboden zu entwickeln und einzubringen. Geringe Kapillarität, hohe Diffusionseigenschaften und Druckfestigkeit für Hubwagen waren die primär geforderten Eigenschaften.
Die bauzeitlichen Stützen aus Sandstein wurden mit CFK-Lamellen stabilisiert. Durch die Absenkung des Fußbodenniveaus um 15-18 cm wurde eine Ebene mit der Unterkirche unter dem Hohen Chor geschaffen. Dadurch konnte der bernwardinische Gedanke der Prozessions- und Wandelkirche, wie er bis zur Reformation 1543 praktiziert wurde, wieder belebt werden.
Der nordwestliche Durchgang in der Simultankirche konnte nach 464 Jahren wieder geöffnet werden – als Zeichen der Ökumene zwischen der evangelischen und katholischen Gemeinde.

Deckenmalerei
Das 27,50 m lange und 8,50 m breite Deckengemälde stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und ist auf 1.495 Eichenbohlen aufgetragen. Aus konservatorischen Gründen wurden günstigere Klimawerte erforderlich. Die Malerei wurde digital aufgenommen, sodass das Monitoring ohne Rüstung aus dem Kirchenschiff vorgenommen werden kann.

Farbkonzept
Für die Quaderung der Stützen wurde eine Kalkfarbe, graugetönt, leicht aufgehellt und im Wechsel mit einem lasierten hellen Rot aufgebracht. In ihrer neuen Farbgebung entsprechen sie den freigelegten bauzeitlichen Trapezbogensteinen an der Südfront, die zumindest seit dem 19. Jahrhundert durch Verputz, aber womöglich schon seit dem 14. Jahrhundert – nach Einbau von gotischen Maßwerkfenstern – verdeckt waren. Auf diese Weise wird St. Michaelis zur 1.000 Jahr-Feier dem Bernwardsbau von 1022/33 sehr viel näher sein als in den Jahrhunderten zuvor.

ÜBER DAS BÜRO

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