Keine Vorgabe der Honorarzone bei der Vergabe von HOAI-Planungsleistungen

Das OLG Koblenz hat mit Beschluss vom 29.01.2014 – 1 Verg 14/13 - u. a. Folgendes entschieden:

Der Auftraggeber von Planungsleistungen ist nicht verpflichtet - und wegen der Unanwendbarkeit der HOAI auf Planer mit Sitz in anderen Mitgliedsstaaten der Union wohl auch nicht berechtigt - den Bietern die anzuwendende Honorarzone verbindlich vorzugeben.

Ein Öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte die Planung für den Umbau und die Erweiterung eines Krankenhauses ausgeschrieben. Der Auftrag sollte im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb nach der VOF vergeben werden.

In der „erwarteten Aufgabenstellung an die Architekten“ hatte der AG ausgeführt, dass er aufgrund der Wiederholung von Planungen im geplanten Baukörper die Honorarzone III Mittelsatz gemäß HOAI 2009 für angemessen erachte. In den folgenden Verhandlungsrunden war zwischen AG und den Bietern streitig, welche Honorarzone letztlich zur Anwendung kommen sollte. Bieter A, der ursprünglich die „Honorarzone IV Mindestsatz“ angeboten hatte, sollte letztlich den Auftrag erhalten, nachdem er sich zu einer Minderung seines Honorarangebotes bereit erklärt hatte. Bieter B beantragte darauf den Ausschluss des Angebotes von A mit dem Argument, die Abgabe eines Angebots mit einer anderen als der geforderten Honorarzone stelle eine rechtswidrige Änderung der Vergabeunterlagen dar. Hierauf entschied die Vergabekammer, das Angebot des A wegen unzulässiger Änderung der Vergabeunterlagen auszuschließen und verpflichtete den AG, die Wertung des Zuschlagskriteriums „Honorar“ zu wiederholen. Gegen diese Entscheidung rief darauf A das OLG an. Dieses entschied, dass das Angebot des Bieters A in die noch ausstehende Wiederholung der Wertung wieder einbezogen werden müsse.

Zur Begründung:
Nach einer in der Literatur und auch in der Spruchpraxis der Vergabekammer verbreiteten Auffassung solle der AG verpflichtet sein, die anzuwendende Honorarzone verbindlich vorzugeben. Das OLG teilt diese Ansicht nicht, weil sich eine dahingehende Verpflichtung weder aus § 6 VOF noch aus allgemeinen Grundsätzen des Vergaberechts ableiten lasse (siehe auch OLG Düsseldorf v. 12.06.2013 – Verg 7/13).

Das OLG ist vielmehr der Auffassung, in einer als verbindlich formulierten Vorgabe der Honorarzone – im vorliegenden Falle mit einer weitergehenden Festlegung, die den Architekten sogar den ihnen von der HOAI zugestandenen Spielraum für einen Preiswettbewerb nehme – einen Vergaberechtsverstoß zu sehen. Die Vorgabe einer Honorarzone sei bei einer europaweiten Ausschreibung höchst problematisch, weil § 1 HOAI deren Anwendungsbereich auf Planer mit Sitz im Inland beschränke und zudem noch voraussetze, dass die Leistung auch vom Inland aus erbracht werde. Somit sei zwar nicht ausgeschlossen, dass ein (privater oder öffentlicher) inländischer Auftraggeber mit einem ausländischen Planer die Anwendung der HOAI frei vereinbare. Einem öffentlichen AG dürfte es aber verwehrt sein, durch einseitige Erklärungen einen Interessenten aus einem anderen Mitgliedstaat der Union einem Preisrecht zu unterwerfen, das für diesen nicht gelte. Deshalb bestünde allenfalls die theoretische Möglichkeit, eine unbedingte Vorgabe auf den von § 1 HOAI erfassten Personenkreis zu beschränken.

Zudem sei auch Folgendes zu beachten:
Die Verantwortung für die richtige Anwendung der HOAI sei primär dem Planer zugewiesen. Der AG habe gemäß § 11 Abs. 5 S. 3 VOF „nur“ die Aufgabe, zu überprüfen, ob der Bieter seiner Verantwortung gerecht wurde oder ob er eine wettbewerbswidrige Unterbewertung vorgenommen bzw. zu einem überhöhten Preis angeboten habe. Ebenfalls müsse berücksichtigt werden, dass einerseits eine verbindliche Vorgabe des AG den Verhandlungsspielraum einschränke, andererseits aber das Ergebnis zulässiger Verhandlungen über die Leistung auch deren honorarbezogene Neubewertung notwendig machen könne.

Weitere Informationen: ZIRNGIBL LANGWIESER, Rechtsanwälte Partnerschaft, www.zl-legal.de

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