Zur Haftung eines Architekten bei Baumängeln

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 03.12.2013 – 23 U 91/12 –, das wegen Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH vom 26.03.2015 – VII ZR 333/13 – rechtskräftig geworden ist, Folgendes entschieden:

1. Architekt und Bauunternehmer haften für die von ihnen gemeinsam zu verantwortenden Baumängel als Gesamtschuldner und zwar auch dann, wenn der Architekt nach den Vorschriften des BGB auf Schadensersatz, der Bauunternehmer dagegen nach den Regeln der VOB/B auf Nachbesserung, Wandelung oder Minderung haftet.

2. Versäumt es der Architekt hingegen, etwaige (Bau-)Gewährleistungsansprüche des Auftragsgebers gegen den Bauunternehmer zu sichern und sie insbesondere nicht verjähren zu lassen, besteht kein Gesamtschuldverhältnis. Denn die Pflicht zur Wahrung der Rechte des Bauherrn trifft allein den Architekten.

Ein Architekt (A) war vom Bauherrn (B) 1997 mit der Durchführung der gesamten Architektenleistungen einschließlich Bauleitung und Objektüberwachung bei Renovierungsarbeiten in einer Kirche beauftragt worden. Mit der Ausführung der Putzarbeiten wurde der Auftragnehmer (AN) beauftragt. Ein Jahr nach Abnahme der Putzarbeiten durch B zeigten sich Rissbildungen und Verfärbungen. Darauf führte der AN im Jahre 2007 Maßnahmen zur Mängelbeseitigung durch; eine Einstandspflicht im Rahmen der Gewährleistung hatte der AN wegen Verjährung der Ansprüche aber abgelehnt. Darauf nahm der Bauherr die Haftpflichtversicherung des A in Anspruch. Das erstinstanzliche LG hatte der Schadensersatzklage des B stattgegeben – mit der Begründung, A habe es unterlassen, rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber dem AN die etwaigen Mängel zu überprüfen und den B zu informieren. In diesem Prozess wurde durch Sachverständigengutachten festgestellt, dass die Mängel nicht auf einen Planungsfehler des A, sondern ausschließlich auf eine fehlerhafte Verarbeitung seitens des AN zurückzuführen war. Die Haftpflichtversicherung des A verlangte darauf vom AN Zahlung des an den B gezahlten Betrages, da der AN im Innenverhältnis zu 100 % hafte.

Das OLG lehnt hier einen Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 1 BGB ab, weil ein solcher Anspruch dem A nicht zustand und der Anspruch auch gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB verjährt sei. Bei der Begleichung des erstinstanzlich festgestellten Schadensersatzanspruchs durch die Versicherung des A handele es sich nicht um eine Verbindlichkeit, für die auch der AN als Gesamtschuldner hafte. Zwar hafteten grundsätzlich Architekten und Bauunternehmer für gemeinsam zu verantwortende Baumängel als Gesamtschuldner, und zwar auch dann, wenn der Architekt nach den Vorschriften des BGB auf Schadensersatz, der Bauunternehmer gemäß VOB/B auf Nachbesserung, Wandelung oder Minderung hafte. Darum gehe es hier jedoch nicht. Die Schadensersatzpflicht beruhe vielmehr darauf, dass der Architekt es pflichtwidrig unterlassen habe, die rechtzeitige Durchsetzung von Baugewährleistungsansprüchen gegen den AN zu sichern, sie insbesondere nicht verjähren zu lassen. Insoweit fehle es an einem für die Gesamtschuld wesentlichen Merkmal, dass nämlich der Gläubiger berechtigt sei, die Leistung von jedem Gesamtschuldner nach seinem Belieben ganz oder teilweise zu fordern. Der AN als Bauunternehmer sei nämlich nicht verpflichtet, gegen sich selbst oder gegen den Architekten gerichtete Gewährleistungsansprüche nicht verjähren zu lassen. Die Pflicht zur Wahrung der Rechte des Bauherrn treffe nur den Architekten, dem – wie hier – Planung und Bauaufsicht übertragen worden seien, nicht dagegen den Bauunternehmer. Darüber hinaus sei der Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB für die gemeinsam zu verantwortenden Baumängel gemäß §§ 195, 199 BGB verjährt. Hier habe A von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners bereits im Jahr 2002/2003, spätestens im Jahr 2005 Kenntnis erlangt bzw. hätte sie ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssen. Für eine Kenntnis aller Umstände, die einen Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB begründe, sei es erforderlich, dass der Ausgleichsberechtigte Kenntnis von den Umständen habe, die einen Anspruch gegen den Ausgleichspflichtigen begründeten. Neben der Kenntnis reiche auch die grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners aus, um die Verjährung beginnen zu lassen. Grobe Fahrlässigkeit setze voraus, dass der Gläubiger sich auch bei nur mäßiger Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt Kenntnis hätte verschaffen können. Eine grob fahrlässige Unkenntnis liege bereits dann vor, wenn der Anspruchsberechtigte sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe hätte beschaffen können, die auf der Hand liegenden Erkenntnismöglichkeiten jedoch nicht ausnutze. So liege der Fall hier, so dass ein Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 1 BGB nicht gegeben sei.

Anmerkung
Architekten, die in aller Regel als Erfüllungsgehilfen des Bauherren betrachtet werden, kann nach dieser Entscheidung nur geraten werden, den ihnen übertragenen Objektüberwachungspflichten sorgfältig nachzukommen und besonders darauf zu achten, dass Gewährleistungsansprüche des Bauherrn gegen den Bauunternehmer nicht verjähren. Sonst muss der Architekt – wie hier - wegen Vernachlässigung seiner Pflichten für einen Schaden einstehen, den er nachgewiesenermaßen selbst nicht verursacht hat, ohne den eigentlichen Verursacher in Regress nehmen zu können.

Weitere Informationen: ZIRNGIBL LANGWIESER, Rechtsanwälte Partnerschaft, www.zl-legal.de

Ansprechpartner: Thomas Schneider, Rechtsanwalt, Tel.: 030 - 880 331 - 234, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! 

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