Raum zur Entwicklung neuer Technologien

Erweiterungsbau für das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung in Würzburg
(in: BAUKULTUR 6_2012, S. 18-19)

Das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg erhält derzeit einen Erweiterungsbau nach Plänen von Zaha Hadid Architects, London. Das so genannte Technikum III umfasst eine Nutzfläche von ca. 2500 m². Das Institut am Neunerplatz war zuletzt in den Jahren 1996 und 2006 um zwei technische Gebäude erweitert worden. Mit dem Technikum III soll ein Laborgebäude dieser Größenordnung in Bau und Betrieb nachhaltig, energieeffizient und ressourcenschonend realisiert werden.

Städtebauliche Lage
Das Grundstück ist unregelmäßig dreieckig geformt, befindet sich in einer Innenkurve und fällt zum Teil von West nach Ost um ca. 1 m ab, zum nördlich angrenzenden Festplatz Talavera sogar um ca. 2-3 m. Die Entwürfe des Büros Zaha Hadid Architects zeichnen sich in der Regel durch das Prinzip der Berücksichtigung der direkten Umgebung aus. So nimmt der 4-geschossige Baukörper den geschwungenen Verlauf der angrenzenden Luitpoldstraße auf und schwenkt dann auf die bestehenden Gebäude zu. Neu- und Altbauten werden durch einen Steg verbunden. Außerdem entsteht ein großzügiger Vorplatz mit neuem, repräsentativem Eingangsbereich. Das markante Gebäude wird ca. 19 Mio. Euro kosten.

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Der Erweiterungsbau für das Fraunhofer ISC in Würzburg nimmt den geschwungenen Verlauf der Straße auf und schwenkt dann auf die bestehenden Gebäude zu (Rendering: Zaha Hadid Architects)

Transparenz und Nachhaltigkeit
Als Materialforschungsinstitut, das sich unter anderem auch mit Glaswerkstoffen beschäftigt, wird sich der Neubau mit einer Gebäudehülle aus durchsichtigem und undurchsichtigem Glas präsentieren: Ca. 3.800 m² hinterlüftete Fassadenbekleidung aus opakem weißem Glas, davon ca. 800 m² zylindrisch und asphärisch gebogenes Glas mit Beschichtung. Die Glasbefestigung erfolgt über rückseitig aufgeklebte Adapterrahmen, die an der Stahlunterkonstruktion befestigt werden. Bei Einbauhöhen von  0 – 20 m funktioniert das  ohne sichtbare mechanische Sicherung.
Die Fraunhofer-Gesellschaft legt großen Wert auf Effizienz und Nachhaltigkeit. So wird Solartechnik zur Wärme-Kälte-Gewinnung mit Adsorptionskältemaschinen eingesetzt. Bauteiltemperierung unterstützt das Raumklima. Die Lichtsteuerung erfolgt tageslicht-sensorisch und bewegungsabhängig. Man strebt als eines der ersten Gebäude dieser Art die Zertifizierung nach Kriterien der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen DGNB an.

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Rückfassade zur Talavera: Die Gebäudehülle besteht aus einer teils durchsichtigen, teils undurchsichtigen Verglasung (Foto: Patricia Revels)

Integrierte Glassensorik
Ein kleinerer Bereich der Verglasung wird mit „Tilsecure“-Glassensorik ausgestattet. Es handelt sich hier um in Verbundsicherheitsgläser integrierte, multifunktionale Sensorpatches, die über ein BUS-Interface und eine Auswerte-Einheit mit der Gebäudeleittechnik kommunizieren. Mit Hilfe des piezoelektrischen Sensors, der bei Rissbildungen entstehende Schallwellen registriert, werden eventuelle Schäden am Glas und Glasbruch kontinuierlich erkannt und aufgezeichnet. Außerdem sind auf dem Sensorpatch Temperaturfühler, ein Helligkeitssensor und programmierbare LEDs aufgebracht. Bei Bedarf lassen sich durch weitere Sensoren mehr Funktionen generieren.
Die Sensorpatches sind mit einem BUS-Interface verbunden, das über gängige Schnittstellen wie USB oder Ethernet mit der verfügbaren Gebäude-Infrastruktur kommuniziert. Beim Eintreten vorher definierter Ereignisse lösen sog. Aktuatoren Handlungen aus, etwa das Schließen der Fenster, das Ausschalten der Heizung, das Herunterfahren der Jalousien oder Alarm bei Glasbruch oder Einbruch.

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