Umnutzung eines ehemaligen Industriegebäudes
(in: BAUKULTUR 6_2014, S. 16-17)
Der Energiepark Hirschaid in Oberfranken zeigt nach über dreijähriger Planungs- und Sanierungsphase, dass es erfolgreiche Lösungswege gibt, von einem ehemaligen Fabrikgebäude zu einem energie- und ressourcenschonenden Konzept für ein nachhaltiges Veranstaltungszentrum zu kommen. Verbunden war dies mit großen technischen und finanziellen Herausforderungen.
Kurz vor seiner Eröffnung im April 2014 wurde der Energiepark Hirschaid mit dem Green Building Award für nachhaltiges Bauen ausgezeichnet (Foto: Oliver Heinl)
„erlebe erneuerbare energien"
Unter diesem Motto wurden auf dem ehemaligen Werksgelände der Firma Scherer & Trier aus den 1970er Jahren über 20 Technologien installiert, die mittelfristig für die annähernd autarke Energieversorgung des Gebäudes sorgen. Auf einer Gesamtfläche von 4.000 m² wird der industrielle Charakter des ehemaligen Fabrikgebäudes in Kombination mit innovativen Energietechnologien und modernen architektonischen Gestaltungselementen erlebbar. Planungsziele waren die Umnutzung des alten Fabrikgebäudes in ein neues Veranstaltungszentrum, ein energetisches Gesamtkonzept mit dem Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien sowie die Integration einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsphilosophie.
„form follows sustainability"
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wurde ein Portfolio von Architekten, Planern und Technoliepartnern zusammengestellt, um die Nachhaltigkeitsstrategie des Energiepark Hirschaid sowie das Energiekonzept konsequent zu entwickeln und phasenweise einzuführen. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit dem österreichischen Architekten Georg Scheicher. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit nachhaltiger Architektur und hat bereits in seiner Studienzeit an der Domus Academy in Mailand die Erkenntnis erlangt, dass das Gestalten neben der Funktionalität und Form auch ressourceneffizient sein muss. Im Rahmen der Klimaschutzinitiative klima:aktiv vergab das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Georg Scheicher im Jahr 2006 erstmals den österreichischen Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit.
Horizontale Holzlamellen prägen den 8 m hohen Eventbereich im Obergeschoss (Foto: Oliver Heinl)
Energieautarkie
Die Entwicklung des Energiekonzepts verfolgte das Ziel, funktionsfähige Innovationen in unterschiedlichen Segmenten zu finden und diese heterogenen, erneuerbaren Energietechnologien im Sinne einer Smart-Grid-Philosophie auszurichten. Über die Installation verschiedener Photovoltaik-Technologien, Windanlagen, Speichertechnologien und intelligenter Lichtkonzepte werden bereits jetzt Überschüsse an Stromleistung erzielt. Eine Grundwasser-Wärme-Pumpe, ein Blockheizkraftwerk, Pufferspeicher sowie effiziente Lüftungsanlagen sind für das Wärme- und Klimakonzept zuständig. Zukunftsorientiert sollen nicht nur weitere Innovationen mit geeigneten Technologiepartnern bewertet und installiert, sondern auch Projekte in Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten in der Metropolregion Nürnberg bearbeitet werden, um so den Grad der Energieautarkie stufenweise zu erhöhen.
Imposante Raumwirkungen
Die Verwendung von nachhaltigen Baumaterialien und ökologischen Werkstoffen zeigt, dass auch mit Bestandsgebäuden völlig neue und effiziente Nutzungskonzepte möglich sind. 12 m hohe Silos standen noch vor kurzem im Erd-geschoss, in dem heute eine beeindruckende Flaniertreppe aus Massivholz in Eiche mit mehreren Podesten und 28 Stufen „schwebt". Die wiederverwendeten Fensterelemente der ehemaligen Fabrik sind Teil des Re-Use-Konzepts und schaffen als LED-Glaswand mit zahlreichen Lichtinszenierungen eine beeindruckende Stimmung in verschiedenen Räumen. Eichenparkett, Holzlamellendecken und -wände sowie viele Glaselemente unterstreichen als „second skin" den industriellen, historischen Charakter des Gebäudes mit zahlreichen Betonelementen im Innenbereich, während außen eine vorgesetzte Holzfassade der ehemaligen Fabrik ein neues und außergewöhnliches Erscheinungsbild verleiht, das die Energietechnologien, wie z. B. die Fassadenphotovoltaik, überzeugend ergänzt. In der Innenarchitektur wird mit Holzelementen, bewusst ausgewählten Möbeln und vielen Details ein neuartiges Raumgefühl erzeugt, das die Philosophie der Nachhaltigkeit erleben und spüren lässt.
Green Building Award 2014
Als erstes EU-Green Building für green meetings & events und Gewinner des Green Building Award 2014 bietet der Energiepark Hirschaid eine einzigartige Atmosphäre und perfekte Plattform für die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen. Hier werden seit April 2014 Hausmessen, Marken- und Produktinszenierungen, Incentives sowie Tagungen und Konferenzen veranstaltet. Weitere Elemente des Konzepts sind die Nutzungsmöglichkeit von öffentlichen Nahverkehrsmitteln in unmittelbarer Nähe, der angrenzende Stadtpark sowie Green Catering.