Eine ehemalige Tankstelle in Berlin

Sammler- und Ausstellungsstück

in: BAUKULTUR 5-2008 (S. 8-9)

Eine alte Tankstelle - ein Standardtyp der Shell AG von 1956 – seit Jahrzehnten stillgelegt und nach Jahren der Zwischennutzung als Werkstatt und Lager in schlechtem baulichen Zustand. Die direkte Nachbarschaft verkehrsgünstig an der Bülowstraße, mit Hochbahn, Straßenstrich und Imbissbuden eher robust. Ein mutiger Bauherr - der Schweizer Galerist und Sammler Juerg Judin - der das Potenzial der Tankstelle und des Ortes erkannte und die Architekten bfs d und planbb brakel mit der Planung von Galerie-, Atelier- und Wohnräumen beauftragte.

Foto: Annette Kisling

Vordergrund
Die Tankstelle wurde in ihrer ursprünglichen äußeren Erscheinung behutsam wiederhergestellt, die Fassade aus Glasfliesen mit Originalteilen ergänzt und von innen mit einer Wärmedämmung ertüchtigt. Die alten Stahltüren und die fragile Glasanlage des ehemaligen Verkaufsraums wurden aufgearbeitet und ertüchtigt, die kleinen Stahlfenster nachgebaut.
Die Struktur im Inneren blieb weitgehend erhalten, jedoch erhielten die einzelnen Räume neue Funktionen: die ehemalige Werkstatt wurde zur Küche, der Verkaufsraum zum Besprechungs- und Essraum.

Hintergrund
Zur Seite gestellt und verbunden mit einer internen Erschließungsachse wurde der alten Tankstelle ein keilförmiger, zweigeschossiger Neubau. Positioniert an der Grenze zum Nachbargrundstück, bildet er mit seiner flächigen Fassade einen neuen, leinwandartigen Hintergrund für den feingliedrigen Altbau mit seinem charakteristischen Zapfsäulendach.
Der Ergänzungsbau erhielt eine zweischalige Industrieverglasung mit innenliegender transluzenter Wärmedämmung. Das Fassadensystem ermöglicht so tagsüber eine „weiche“ Belichtung der Galerieräume im Obergeschoss - nachts beginnt das Gebäude von innen heraus zu leuchten, strahlt in den Stadtraum und gibt seine Konstruktion aus Decken und Wandscheiben preis. Großflächige, raumhohe Fenster ermöglichen von innen gezielte Ausblicke auf die Hochbahnlinie und in den Garten.

Rahmen
Das Grundstück umschließt eine hohe Mauer, die den mit ausgewachsenen Kiefern, Kirschbäumen, Bambussträuchern und einem Wasserbecken neu angelegten intimen Garten - Entwurf Guido Hager Landschaftsarchitektur, Zürich – von der hektischen Außenwelt und direkten Blicken abschottet. Atelier und Garten bilden den neuen Rahmen, eine Bühne für die alte Tankstelle, die für den Galeristen Judin selbst zum Sammler- und Ausstellungsstück wird.

Genderhinweis
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