Hotel in Frankfurt
(in: BAUKULTUR 4_2020, S. 16-17)
Das von Franken Architekten (Entwurfs- und Genehmigungsplanung) und Exitecture (Ausführungsplanung und Bauleitung) 2019 fertig gestellte Lindley Lindenberg setzt auf das Erlebnis der Gästegemeinschaft, in der Übernachtungsgäste und Langzeitmieter nicht nur Zimmersuiten, sondern auch eine Vielzahl an Gemeinschaftsräumen bewohnen. Dabei ist Lindley Lindenberg weder ein klassisches Hotel noch eine Wohngemeinschaft – und doch beides zugleich.
Die 100 Gästezimmer sind in ihrer räumlichen Größe auf ein Minimum beschränkt, denn das Leben findet da draußen statt. Lindenberg sieht sich als Vorreiter des so genannten Collaborative Living, bei dem Zugang eine größere Rolle als Besitz spielt. Je nach Wunsch und Vorhaben wählt der Gast einen Bereich aus und taucht in die Gemeinschaft ein. Lindenberg Häuser reflektieren damit den gesellschaftlichen Bedarf nach gemeinschaftlichem Wohnen und Arbeiten. Eine neue Wohnqualität mit Wir-Gefühl bei gleichzeitiger Möglichkeit zur Individualität, immer mit dem Anliegen des nachhaltigen Lebens und Unternehmens.
Die Zimmer
Im Lindley dienen die eigenen 4 Wände vornehmlich dem Schlafen, Duschen und Zurückziehen. Alles Weitere wird in den Gemeinschaftsräumen zugänglich gemacht. Die Qualität des Aufenthalts in den Zimmern wird nicht durch Größe, viel eher aber durch die Finesse der Ausstattung, feinfühlige Gestaltung und wertige Materialien bestimmt. Hohe Räume, ein bedachtes Farbkonzept und große Fenster sorgen zudem für ein angenehmes Raumgefühl.
Die gemeinschaftlichen Bereiche
Verweilt der Gast nicht in seinem eigenen Zimmer, so steht ihm eine Vielzahl an Gemeinschaftsräumen und öffentlichen Bereichen zur Verfügung. Über 7 Geschosse verteilt machen ein kleiner wilder Garten, ein Restaurant, eine Bar, eine Bäckerei, mehrere Kochlandschaften mit vollausgestatteten Gemeinschaftsküchen, eine „Gute Stube“ mit Bibliothek und Plattensammlung, ein „Panoptikum“ als Tagungs-, Event-, Arbeits-, Kino- und Konzertraum, ein Cowork-Space als mietbarer Arbeitsplatz oder Konferenzraum, ein Kräuterraum mit Indoor-Farming-Konzept, ein Fitnessraum und nicht zuletzt die Dachterrasse die Gemeinschaft lebendig. Diese gemeinschaftlichen Orte erschaffen die „Wunderkiste“, ein gläsernes Schaufenster, ein Diorama zu einer Gemeinschaft, die sich das Miteinander zum Ziel gemacht hat.
Die Architektur
Das 7-geschossige Gebäude ist in den Zimmertrakt mit Lochfassade und die südseitig verortete „Wunderkiste“ untergliedert. Die Wunderkiste setzt sich vom Zimmertrakt durch eine vorgehängte Gusseisenfassade ab und öffnet sich im Süden durch eine vollständige Verglasung. Die Geschossdecken zeichnen die mit Splitleveln und Treppen verbundenen Raumabschnitte nach und betonen damit die vertikale Stapelung. Durch die Wunderkiste wird eine neue Typologie der Hotelarchitektur begründet, die perfekt zum innovativen Konzept der Gästegemeinschaft mit seiner Betonung der Gemeinschaftsräume passt.
Die Gusseisenfassade
Über 2.000 Elemente aus Gusseisen, schwer wie 70 Elefanten, bilden die Außenhaut der Wunderkiste und zeigen ein abstraktes Bild auf der Fassade. Das Gusseisen steht im Kontrast zu den restlichen braunrosa Außenwänden. Die Materialwahl von Gusseisen, Putz und Klinker sowie die klassische Dreiteilung des Zimmertrakts in Sockel, Schaft und Dachabschluss sind der gründerzeitlichen Industriearchitektur entlehnt. Der Sockel wird durch bodentiefe Fenster betont, die eine Verbindung zum Garten herstellen. Geklinkerte Ornamentfelder und bodentiefe Holzfenster strukturieren den Mittelteil. Den Dachabschluss bildet ein Gesims.
Die literarische Geschichte
Das Lindley ist verspielt, erfinderisch und dennoch konsequent in seiner Raumordnung, Farbgebung, Materialwahl und Formensprache. Die mit dem Haus verknüpfte Geschichte „Der unsterbliche Mr. Lindley“ des polnischen Autors Artur Becker sollte ein gegenseitiges Aufschaukeln von Architektur und Literatur bewirken. So finden sich Elemente des Buchs im Haus und umgekehrt wieder.