Strukturelle Ornamentik

Glaspavillon auf der BuGa 2011 in Koblenz
(in: BAUKULTUR 4_2011, S. 24)

Auf der Bundesgartenschau 2011 in Koblenz präsentiert sich die Handwerkskammer Koblenz mit einem eigenen Pavillon. Im Zuge eines Forschungsprojekts mit der Fachhochschule Trier und dem Düsseldorfer Architekturbüro one fine day sollte die Anwendung computergestützter Entwurfs- und Fertigungstechnologie erfahrbar gemacht werden.

BUGA_treehugger_1Eingebettet in eine Gruppe hoch gewachsener Linden liegt der Glaspavillon „treehugger“ in Koblenz (Foto: Roland Borgmann)

Der Pavillon „treehugger“ befindet sich neben der Kirche St. Kastor unweit des Deutschen Ecks in Koblenz. Unter einem Blätterdach groß gewachsener Linden besetzt er eine Schnittstelle zwischen BuGa-Gelände und umgebendem Stadtraum. Für seine architektonische Ausgestaltung wurde ein mehrfach symmetrisches Raster aus 5-eckigen Modulen punktsymmetrisch um einen bestehenden Baumstamm herum angeordnet. Durch Verzerrungen entstanden 5 vertikale Verbindungen zwischen Boden und Dach, die dort in Überhöhungen münden. Dieser dreidimensional verformte Rost bestimmt in seiner strukturellen Ornamentik den formalen Ausdruck des Gebäudes ebenso wie er Last abträgt. Auch ermöglicht er besondere Ausblicke in das Blätterdach und kontrolliert den Lichteinfall. Durch die Kombination grundlegender Symmetrien und lokal angewandter Differenzierung entstand eine ablesbare Balance zwischen methodischer Rigorosität und zur Schau gestellter, struktureller Komplexität.

BUGA_treehugger_6Der Architektur liegt ein Raster aus 5-eckigen, dreidimensional verformten Modulen zugrunde (Foto: Roland Borgmann)

Konzeption, Entwurf und Konstruktion des Pavillons wurden genutzt, um unterschiedliche digitale Formfindungs- und Konstruktionsmethoden zu erproben. So wurde während der Entwicklung „klassisches“ NURBS-Modelling genauso genutzt wie aktuelle Methoden assoziativen Modellierens oder Programmierens. Der Vorteil dieser Werkzeuge liegt klar in der Möglichkeit der gleichzeitigen Lösung konzeptioneller und konstruktiver Problemstellungen. Der methodische Bruch zwischen analogem Konzipieren und digitaler Ausarbeitung entfällt. Ein ursprünglich linearer Entwurfsweg - von der Skizze zur CAD-Zeichnung zum Gebäude - konnte zu Gunsten eines kontinuierlich reversiblen digitalen Modells aufgegeben werden. An diesem konnten gleichzeitig konzeptionelle Fragen, Raumbildung, Statik und Baukonstruktion ständig miteinander abgeglichen werden. Der so iterativ entwickelte Datensatz wurde letztlich ohne zeichnerische zweidimensionale Darstellungen als 3D-Geometriemodell an die ausführende Firma übergeben und dort als Grundlage für den computergestützten Abbund verwendet.

Im Kontrast zur inneren Holzkonstruktion steht die gläserne Hülle des Pavillons. Sie definiert die Ausdehnung des Raumes und macht durch ihre Transparenz die raumbildenden Elemente erst sichtbar. Wenn die in die Deckenfelder eingearbeiteten LEDs bei Dunkelheit in verschiedensten Farben leuchten, werden Boden, Stützen und Deckenfelder zu Gebilden, die ähnlich wie die umgebenden Bäume in die Höhe zu wachsen scheinen.

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