Einleitung – Über den DAI und sein Wirken

Der Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine (DAI) ist der Dachverband einzelner regional und lokal verankerter Architekten- und Ingenieurvereine in der Bundesrepublik. Der AIV zu Berlin wurde 1824 als einer der ersten Architekten- und Ingenieurverein gegründet, in der Folge entstanden 14 weitere große Vereine, die dann gemeinsam den Deutschen Verband der Architekten- und Ingenieurvereine 1871 begründeten. Folglich begeht der DAI im kommenden Jahr sein 150jähriges Jubiläum. Tradition ist wichtig. Sie muss gepflegt, aber auch immer wieder belebt und erneuert werden.

Die Gründung des nationalen Verbandes war seinerzeit nicht etwa eine Folge der parallelen Reichsgründung und der Erhebung der Stadt Berlin zur Reichshauptstadt – Großberlin, wie wir es heute kennen entstand 1920, also vor genau 100 Jahren – sondern sie war das Ergebnis einer technikgeschichtlichen Entwicklung, die durch den DAI und seine Vereine mit vorangetrieben wurde.

Der internationale fachliche Austausch umfasste den polytechnischen Verein zu Prag genauso wie den AIV zu Wien. Gäste aus der Schweiz und Österreich waren bei der Gründung des Verbandes zugegen und seit 1876 wurde bereits über die Zusammenarbeit mit der „American Society of Civil Engineers“ verhandelt. Seit 1842 trafen sich jeweils im September die noch jungen Architekten- und Ingenieurvereine der deutschen Länder anlässlich einer „Wanderversammlung“ an jeweils wechselnden Orten. Diese Funktion übernimmt heute der jährlich stattfindende DAI Tag. Das Miteinander der am Bau beteiligten planenden und bauenden Berufe hat also eine institutionell lange deutsche Geschichte und es gibt sie seit der Mensch Bauwerke erschafft.


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Was sind die wesentlichen Errungenschaften?

Sprache der Technik

Tatsächlich hat der DAI in den ersten Jahren des letzten Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum die einheitliche Bezeichnung mathematisch technischer und wissenschaftlicher Größen verantwortet. Die Einführung des metrischen Systems für Maße und Gewichte war nachhaltig die richtige Entscheidung. Nach der Gründung des Verbandes wurde viel Energie darauf verwendet, die Fachterminologie zu vereinheitlichen und die Begriffe allgemein verständlich darzustellen. Bereits 1886 hielt der damalige Baurat Sarrazin den Vortrag „Über die Reinigung der technischen Sprachweise von Fremdwörtern“. Er zitierte darin den Sprachwissenschaftler und Volkskundler Jakob Grimm, der lebendig formulierte: „Halten Sie uns die um den Gedanken schlotternden Redensarten vom Leib!“.

Normung

In Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Ingenieure (VDI) wurden u.a. Normen im Stahlbau vorbereitet. Der DAI verfasst im Sinne des Umweltschutzes 1883 eine Denkschrift für Maßnahmen hinsichtlich des Gewässerschutzes, die er den deutschen Staatsregierungen vorlegt.

Gründung der PTB

In einer Denkschrift von 1877 wurde die Einrichtung von Prüfungsanstalten und Versuchsstationen von Baumaterialien sowie „die Einführung einer staatlichen Klassifikation der Baumaterialien“ gefordert. Die sich hieraus entwickelnden städtischen Einrichtungen wurden zehn Jahre später in der Physikalisch Technische Reichsanstalt (PTR) zusammengefasst und später als Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB) heute mit Sitz in Braunschweig fortgeführt. Die Aufsicht der PTB führt aktuell das Bundeswirtschaftsministerium.

Ausbildung für die Berufe am Bau

Der DAI beschäftigt/e sich nicht nur mit den Anforderungen der akademischen Ausbildung an Bauakademie und polytechnischen Schulen, sondern mit der Ausbildung aller im Bauwesen Tätigen insbesondere auch den Handwerkern. Im Jahr 1877 entsteht die Denkschrift über die Ausbildung der Bauhandwerker“, die im Verlag der Deutschen Bauzeitschrift herausgegeben wird. Die Situation hat sich zu heute in vielfacher Weise verändert. Auf die Digitalisierung des Planens und Bauens wird später gesondert eingegangen. Hier einige Aspekte des Themas, die der DAI heute immer wieder adressiert:

Generalist vs. Spezialist

Ein Phänomen heutiger Bautätigkeit ist, dass Architekten, Ingenieure und Planer oft auf zu großer Distanz zum Bauherrn und Geldgeber sind. Auftraggeber sind eher Fonds- und Immobiliengesellschaften, Konsortien, Projektsteuerer und Generalplaner/ Generalunternehmer. Diese treten mit speziellen Anforderungen an die Architekten und Ingenieure heran: Gesucht ist der Spezialist für Brandschutz, für Energieeffizienz oder Vergabeverfahren und weniger der Generalist, der in allen Bereichen Fähigkeiten hat, die er entsprechend ein- und umsetzen kann.

Keine Zerfaserung des Architekten- und Ingenieurberufs

Eine Fachspezialisierung als Anforderungsprofil bringt aber keine generell baubefähigten, kreativ-kompetenten Planer hervor. Das wiederum führt in der Konsequenz zu einer „Industrialisierung des Architektenberufs“, was nicht im Interesse der Berufsstände sein kann und darf. Die immer stärkere Vermischung zwischen klassischer Architektur auf der einen und der fachlichen Ausdifferenzierung in alle Bereiche (Energie, Brandschutz, Antragsverfahren etc.) auf der anderen Seite, bedeutet in der Konsequenz eine Zerfaserung des Architekten- und Ingenieurberufs, die so keiner ernsthaft wollen kann.

Universelle Ausbildung fördert kreative und nachhaltige Lösungen

Es sollen sowohl die politisch Verantwortlichen als auch die befreundeten Kammern und Verbände darauf aufmerksam gemacht werden, dass nicht am Bedarf vorbei ausgebildet wird. Ausbildungsstätten sollen in Rücksprache mit den praktisch arbeitenden Bau- und Planungsberufen ihre Curricula aufbauen und ggf. umbauen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Akkreditierungsstellen der Ausbildungseinrichtungen die benötigten Anforderungen kennen: Ein möglichst universell ausgebildeter Mensch, der aufgrund seines erworbenen Know-hows in der Lage ist, sich in komplexe Zusammenhänge einzuarbeiten und schwierige Problemstellungen vollständig zu lösen.


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Gebührenordnung und Verantwortlichkeit

Die Wahrung von Standesinteressen wurde und wird gleichermaßen für Architekten und Ingenieure durch den DAI vertreten. Hierzu gehören Honorarregelungen, zivilrechtliche Verantwortlichkeit, allgemeine Bestimmungen für Verträge zwischen Auftraggebern und Ingenieuren, die Stellung von Sachverständigen und Prüfern und die Vertretung von Architekten und Ingenieuren in den politischen Gremien. Gemeinsam mit dem befreundeten BDA wurden Regeln für das Urheberrecht und Grundsätze für das Verfahren in öffentlichen Wettbewerben entwickelt.

Anfang 1886 wird nach abschließender Abstimmung aller Mitglieder beschlossen: „Der Architekt und der Ingenieur haften dafür, dass die technischen Leistungen, welche sie übernommen haben, den allgemein anerkannten Regeln der Baukunst entsprechen. Sie haften nicht dafür, dass ihre technischen Leistungen Regeln der Ästhetik entsprechen.“

Baukultur

Bis heute lautet der Titel der Fach- und Verbandszeitschrift des DAI BAUKULTUR. Die Titel der jeweiligen Ausgaben sind ein Kompositum, das mit der Baukultur als solche in enger Verbindung steht: „umBAUKULTUR“, „fassadenBAUKULTUR“, „klimaBAUKULTUR“, um nur einige zu nennen.

Der Verband setzt sich sehr früh für die Inventarisierung, Aufnahme, Erhaltung und Restauration von architektonischen und technischen Denkmalen ein. Im Jahre 1908 wurde in Danzig eine 126 Seiten starke Broschüre vorgelegt, die sich mit den Möglichkeiten der Einflussnahme auf die künstlerische Ausgestaltung privater Bauten in Stadt und Land beschäftigt. „Welche Wege sind einzuschlagen, damit bei Ingenieurbauten ästhetische Rücksichten in höherem Grad als bisher zur Geltung kommen?“ lautet eine der Fragen. 21 Vereine antworten, und auch der „Internationale Architektenkongress in Wien“ nimmt dazu Stellung. Die eingereichten Einzelarbeiten werden vom DAI unter der Federführung des damaligen AIV Dresden zusammengeführt und geben eine Grundlage für die Lehrtätigkeit, Erlasse und Gestaltungssatzungen zur Förderung der Baukultur. Viele Kommunen kennen heute sogenannte Gestaltungsbeiräte, die die Stadt bei wichtigen Bauvorhaben beratend zur Seite stehen.

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