Monolithisches Erscheinungsbild

Dombauhütte in Passau
(in: BAUKULTUR 2_2022, S. 14-15)

Am Residenzplatz in der Passauer Altstadt haben Arc Architekten ein neues Werkstattgebäude für die Handwerker und Restauratoren konzipiert, die sich um die Instandhaltung und Restaurierung der benachbarten Kathedrale St. Stephan kümmern. Auftraggeber war der Freistaat Bayern, vertreten durch das Staatliche Bauamt Passau. Nutzer ist die Staatliche Dombauhütte Passau. Entstanden ist ein Satteldachhaus in Massivholzbauweise und hölzernem Kleid, das den Archetypus Hütte neu interpretiert.

Arc 1

Die neue Dombauhütte präsentiert sich als bauliche Manifestation des immateriellen UNESCO-Kulturerbes "Bauhüttenwesen". Zu diesem Zweck platzierten die Architekten den Neubau mit seiner homogenen, einfachen Lärchenholzhülle so, dass das barocke Ensemble mit seinen weißen, ausformulierten Putzfassaden nicht konterkariert wird. Sie generierten das Volumen und die Proportionen entlang historischer Sichtbeziehungen und Gebäudeachsen. Gleichzeitig verjüngten sie das Bauvolumen und die Höhenentwicklung aufgrund der Umgebungsanalyse geometrisch in Grundriss und Ansicht und verzerrten es quasi perspektivisch.

Bewusst schlicht
Um das neue Werkstattgebäude samt Werkhof und Außenlager im Geländeverlauf zu integrieren, setzten sie das Raum- und Funktionsprogramm auf zwei Ebenen um und bildeten die Lagerflächen teilweise auch innen schräg aus. Der fallende First und der sich verjüngende Grundriss reduzieren die sichtbare Giebelseite am Platz und lassen Ausblicke zum Dom frei. Das Ergebnis ist ein zurückhaltendes, elegantes Gebäude, das sich an die historisch bedeutsame Umgebung nicht anbiedert.

Arc 3

Transparentes Kleid
Die gesamte Gebäudehülle inklusive Dächer und Gerüstverkleidung wurde als offene, leichte, vorgehängte Holzspalierfassade konzipiert. Alle Öffnungen und Fenster – auch die Dachflächenfenster – verbergen sich hinter dem hölzernen transparenten Kleid und treten tagsüber und auch abends nicht in Erscheinung. Darüber hinaus wurden sie bewusst auf ein Mindestmaß reduziert, um die Dachaufsicht wie eine fünfte Fassade wirken zu lassen. Die Türen und Tore zur Technik bzw. zum Zwischenlager haben keine Verglasung und sind somit komplett im Dunkeln versteckt. Die hölzerne Verkleidung stellt den Charakter einer Hütte heraus und betont die Gesamtgestalt als dienendes Ensemble vor dem Dom St. Stephan.

Nachhaltigkeit
Für die Gebäudekonstruktion und die Fassadenverkleidung wurden heimische Hölzer verwendet und recyceltes Dämmmaterial verbaut. Nach seinem Nutzungsende kann der Bau komplett rückgebaut werden bzw. die CO2-neutralen Materialien können wiederverwendet werden.

Arc 4

Tageslicht und Sichtbeziehungen
Auf der Westseite versorgen Glastore und Fenster den Steinmetzbereich mit Tageslicht. Zusätzliches Tageslicht fällt über vier kleine, nach Norden ausgerichtete Dachflächenfenster mit mattierten Gläsern in den Raum. Auf der Ostseite ist im Obergeschoss die Restaurierungswerkstatt untergebracht. Von dort bestehen Sichtbeziehungen über Fenster nach draußen oder durch die Werkstatt hindurch zum Werkhof.

Technische Ausstattung
Das neue Werkstattgebäude mit hoher technischer Ausstattung wie Kranbahn, Staubabsaugung, Druckluft, Lüftung und Heizung wurde an die Nahwärme-versorgung der Diözese angeschlossen. Es wurden eine Wärmerückgewinnungsanlage für die Lüftung installiert und modernste Elektrotechnik inklusive LED-Beleuchtung verbaut. So bietet das Gebäude dem Dombaumeister mit seinen zwölf Mitarbeitern und drei Auszubildenden einen adäquaten Arbeitsbereich, um die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten am Dom stemmen zu können.

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