Museum für Hamburgische Geschichte
in: BAUKULTUR 6_2009 (S. 26-27)
Das hamburgmuseum (Museum für Hamburgische Geschichte) am Holstenwall belegt eindrucksvoll, dass der Architekt Fritz Schumacher seine Planungen durch und durch programmatisch verstand. Er war beflügelt von der Idee, dass die Ästhetik - jenseits der Stilfrage - eine zentrale soziale Rolle spielt und integrativer Bestandteil eines großstädtischen Organismus sein muss. Die Fassade ist keine austauschbare Hülle, der Innenraum kein Container für einen beliebigen Zweck. Und doch ist die Architektur des hamburgmuseums weit entfernt von einer romantisierenden Nachbildung eines Alt-Hamburgischen Gebäudes.
Foto: Dorfmüller und Kröger
Der Bauplatz auf einer ehemaligen Bastion der Wallanlagen „hemmt jede willkürliche Planung und schlägt den Gestaltenden ganz in den Bann seiner Forderungen", schreibt Schumacher 1924, zwei Jahre nach Fertigstellung des Gebäudes. Trotz der topographischen Schwierigkeiten verstand er es, die Masse des Bauwerks durch unterschiedliche Geschossebenen und unregelmäßige Baugruppen, die nur in Teilbereichen symmetrisch sind, aufzulösen. Mit welchem Respekt Schumacher den „außerordentlich schönen Platz" betrachtete, wird in seinen Schriften deutlich, in denen er gleich mehrfach die wertvollen Bäume erwähnt, die er durch einen architektonischen „Kunstgriff" bestehen lassen konnte. Er verlegte den Baukörper schräg zum Holstenwall und erreichte damit, dass dieser sich dem Betrachter nicht sofort in seiner ganzen Größe einprägt, sondern „sich anspruchslos in die Landschaft einfügt", so Schumacher.
Der bis heute unveränderte Bau und die nach wie vor weitgehend gleich gebliebene Nutzung der Ausstellungsräume zeigen Schumacher als weitsichtigen Museumsplaner: Von der festlichen Eingangshalle führen Rundgänge zu den verschiedenen Schausammlungen. Die Flure sind als Ausstellungsflächen einbezogen und leiten thematisch in die anschließenden Räume, die je nach Größe der Exponate unterschiedlich hoch sind.
Der Innenhof erhielt im Jahr 1989 nach Plänen des Hamburger Architekten Volkwin Marg eine leichte, transparente Überdachung, die aus einem tonnengewölbten Gitterschalentragwerk aus Glas und Stahl besteht und einen gelungenen Kontrast zum Altbau bildet.
Foto: Dorfmüller und Kröger
Ebenfalls in den 1980er Jahren wurde in den der Eingangshalle vorgelagerten Windfang ein Zwischengeschoss eingezogen. Durch die Teilüberdeckung der Fenster war der Raum jahrelang in eine wenig einladende Düsterkeit getaucht, bis das Zwischengeschoss im Jahr 2000 wieder entfernt wurde. Die Decke im Eingangsbereich erhielt ihre ursprüngliche zurückhaltend grau-weiße Farbigkeit zurück, und auch die tonnengewölbte Kassettendecke im 1. Obergeschoss wurde in dem ursprünglich hellen Türkis gestrichen. Gleichzeitig wurden die von Fritz Schumacher entworfenen Laternen restauriert und durch zusätzliche neue Leuchten ergänzt. Die 230.000 Besucher jährlich können sich an zwei großzügig gestalteten Tresen informieren.
Zwischen den Jahren 2004 und 2007 wurde das Museum in enger Abstimmung mit dem Amt für Denkmalschutz umfangreich instandgesetzt. Aus Energiespargründen wurde die gesamte Dachfläche innenseitig gedämmt - aber nicht geschlossen, um die Luftbewegung zu erhalten - und neu eingedeckt. Die einfach verglasten Fenster wurden durch Fenster ausgetauscht, die sowohl den energetischen als auch den sicherheitstechnischen Ansprüchen genügen. Die Klinkerfassade mit den zahlreichen Figuren und Bauelementen abgebrochener historischer Bauten Hamburgs (z.B. das Renaissance-Portal der Petrikirche), die Schumacher einarbeiten ließ, wurden fachgerecht gereinigt, gesichert und konserviert.
Das hohe Dach, typisch für Schumacher-Bauten aus jener Zeit, krönt ein Turm mit Wetterfahne und Uhr. Das einsturzgefährdete Mauerwerk des Turms wurde mit Spritzbeton gefestigt, die Wetterfahne und die Mechanik der Turmuhr wurden restauriert. Die Sanierung fand bei laufendem Betrieb statt, was eine logistische Leistung für das Management bedeutete, mussten doch nahezu zwei Millionen teils tonnenschwere Exponate und Archivalien gesichert und bewegt werden.
Projektdaten
Gebäudeeigentümerin: HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH, Hamburg
Pächterin/Vermieterin/Baumanagement: IMPF Hamburgische Immobilien Management Gesellschaft mbH, Hamburg
Glasüberdachung 1989: Entwurf: Prof. Volkwin Marg (gmp von Gerkan, Marg und Partner), Hamburg; Statik: Prof. Jörg Schlaich (Schlaich Bergermann und Partner), Stuttgart
Sanierungsplanung 2004-2008: IMPF Hamburgische Immobilien Management Gesellschaft mbH, Hamburg