Objekt in der Landschaft

Keltenmuseum auf dem Glauberg
(in: BAUKULTUR 4_2011, S. 23)

Die 2000 entdeckten keltischen Fürstengräber auf dem Glauberg (Hessen) mit ihren vollständig erhaltenen Grabbeigaben, dem Kultbezirk und der zugehörigen Siedlung gehören heute zu den wichtigsten keltischen Fund- und Forschungsstätten Europas. Mit dem im Mai 2011 eröffneten Keltenmuseum haben die Funde nun einen würdigen Rahmen gefunden.

kada_1Das von dem Büro kadawittfeldarchitektur geplante Keltenmuseum erhielt die „Auszeichnung vorbildlicher Bauten in Hessen 2011“ (Foto: Werner Huthmacher)

Museumsgebäude
Den unverwechselbaren Ort achtend verzichtet die Architektur auf große Gesten und nimmt sich zugunsten der historisch geprägten Landschaft zurück. Als klar konturierter Baukörper fügt sich das Museum in die weite Landschaft ein. Halb im Hang verborgen richtet es sich zum Keltenhügel aus und lässt dabei bewusst den Grabhügel Hauptakteur sein.

Rundgang
Der geschützte Freiraum unter der mächtigen Auskragung dient als Start- und Endpunkt für den Museumsrundgang. Eine breite Treppenrampe empfängt den Besucher und leitet ihn langsam in die Ausstellung. Dabei wird der geschlossene Körper den lichtempfindlichen Exponaten gerecht, und der Besucher kann ganz in die Keltenwelt eintauchen. Ein Höhepunkt der Ausstellung ist das große Panoramafenster, das einen beeindruckenden Ausblick auf den Grabhügel ermöglicht, der so zum eigentlichen Ausstellungsstück wird.

Szenographie
Ausgehend von den Abläufen einer archäologischen Grabung werden die Geschichte und die Kultur der Kelten in einzelnen Schichten freigelegt und modellieren in einem neutralen Raum differenzierte Zonen und Übergänge. Unterschiedlich geformte, vor- und zurückspringende Bänder bilden wandlungsfähige Ausstellungskörper. Diese bieten unterschiedliche Präsentationsmöglichkeiten und erlauben die Integration von Schaukästen, Ausstellungsvitrinen und Medienstationen. Es entsteht kein streng vorgegebener Parcours, sondern ein offenes fließendes Ausstellungskonzept, das die vielseitigen Aspekte der Keltenwelt zusammenführt.

Material und Konstruktion
Die kompakte Form wird durch eine Verkleidung aus großformatigen Corten-Stahlplatten unterstützt. Das Material weckt zum einen Assoziationen mit Erdverbundenheit und Schwere und ist zum anderen eine Reminiszenz an den kunstvollen Umgang der Kelten mit Metallen. Die weitestgehend stützenfreien Räume werden über 6 m hohe Stahlfachwerke in den geschlossenen Seitenwänden ermöglicht, die als Auflager für die leichten Geschossdecken dienen. Die Rückverankerung ist als konventioneller Stahlbeton-Massivbau konstruiert.

Ökonomie und Ökologie
Die kompakte Bauform und die geringe Hüllfläche reduzieren den Primärenergiebedarf des Museums und versiegeln eine geringe Fläche der Landschaft. Die hinterlüftete Metallfassade stellt energetisch einen optimalen Standard dar, schützt die Konstruktion und minimiert die Betriebskosten, da laufende Wartungskosten entfallen. Hochisolierende, recyclebare Baustoffe und Wärmeschutzverglasungen reduzieren den Aufwand zusätzlich. Auch die technische Gebäudeausrüstung wurde unter nachhaltigen Aspekten konzipiert und entspricht diesem Anspruch mit einer CO2-neutralen Holzpelletheizung und einer Lüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung.

Projektdaten
Bauzeit:
2008-2011, Wettbewerb 2006, 1. Preis
BGF: 2190 m2
BRI: 9500 m3

Bauherr: Land Hessen, vertreten durch das HMWK und das HBM
Planung: kadawittfeldarchitektur, Aachen
Panoramafenster: FLACHGLAS  Wernberg GmbH
Verglasung: Lichtdurchlässigkeit: 34%, Gesamtenergiedurchlässigkeit: 30%, Wärmedurchgangskoeffizient: Ug = 1,1 W/m2K

Genderhinweis
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir in unseren Inhalten bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern überwiegend die männliche Form. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Informiert bleiben, Partner finden, Baukultur erleben!

Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V. Mitgliederzeitschrift Mitglied werden