Editorial Ausgabe 5-2010

von Dr.-Ing. Ulrich Güttler, Vorsitzender des RAIV Ruhrländischer Architekten- und Ingenieurverein zu Essen e.V.
in: BAUKULTUR 5_2010 (S. 3)

Liebe Leserinnen und Leser,

der diesjährige DAI Tag wird vom 24.-26.9.2010 in der Kulturhauptstadt Europas RUHR2010 ausgerichtet. Die Idee zur Kulturhauptstadt-Bewerbung des Ruhrgebiets kam 2001 aus dem  Regionalverband Ruhr, RVR. Da die Regeln der Europäischen Union nur die Bewerbung einer Stadt und nicht einer Region zulassen, musste eine Bannerträgerin für das Ruhrgebiet gewählt werden. Die Verbandsversammlung entschied sich für Essen, die Metropole im Herzen des Ruhrgebietes.

Die Bewerbung Jahr 2005 stand unter dem Motto „Wandel durch Kultur - Kultur durch Wandel“. Wegen seiner Lage in der Mitte Europas ist das Ruhrgebiet stets von Handels- und Verkehrswegen durchzogen gewesen. Bereits im Mittelalter führte der Hellweg von Ost nach West durch die Region. Die Achsen des Verkehrs, die Straßen, Flüsse und Bahntrassen, sind die Lebensadern der Metropole Ruhr.   Für Menschen und Material sind sie untrennbar mit der Entwicklung der Region und mit ihrem Bewusstsein verbunden.   Projekte von RUHR2010 schließen diese Passagen mit ein: die B1 (Ruhrschnellweg) als Hauptschlagader der Straßen,  Ruhr-Atolle auf dem Baldeneysee, und „emscherKUNST 2010“ mit 20 Kunstobjekten entlang der Emscher von Recklinghausen bis Oberhausen.

Darüber hinaus hat eine Süd-Nord-Wanderung die Region entscheidend geprägt. Die Zechen folgten den schwarzen Bändern der Kohleflöze unter der Erde, die Millionen Arbeitssuchende in das Ruhrgebiet geführt haben. Kohle tritt in einzelnen „Flözen“, d.h. in Schichten mit einer Mächtigkeit bis zu ca. 2 m, an den Hängen des Ruhrtales zutage. Sie konnte in frühen Zeiten des Bergbaus oberflächennah abgebaut werden. Eine häufig ungenaue Dokumentation der entstandenen Hohlräume im Gebirge erfordert im Süden des Ruhrgebietes  planmäßig eine bergbauliche Recherchen, um die Gründung von neuen Gebäuden sicher zu gestalten. Am Nordrand des Ruhrgebietes wird die Kohle in „Teufen“ bis zu ca. 1100 m aufgesucht. Die Gewinnung und Förderung bedingen den Einsatz hoch entwickelter Bergbautechnologie, die weltweit exportiert wird.

Der Wandel vom Industrierevier zur Ruhrmetropole besticht durch die Vielfalt des kulturellen Angebotes und durch die Kreativität in der Gestaltung neuer Arbeitsräume.  Im Rahmen der internationalen Bauausstellung IBA Emscherpark entstanden in den Jahren 1989-1999 auf dem Boden ehemaliger Industrieanlagen „Creative Villages“. Designer, Fotografen, Filmemacher, Bildhauer, Tänzer, Kabarettisten schöpfen aus der spröden Schönheit verlassener Zechen, Kokereien und Stahlwerke kreative Kraft. Darüber hinaus sind viele dieser Flächen zu attraktiven neuen Gewerbe-, Dienstleistungs und Wohnparks umgewandelt.  Ein deutliches Zeichen für die Region hat ThyssenKrupp mit der Wahl seines neuen Headquarters in der Stadt Essen gesetzt.

Mit heute 16 Universitäten, Fach­hochschulen und Hochschulen ist das Ruhrgebiet geprägt von einer wissenschaftlichen Landschaft, die den Weg in Zukunfts-technologien maßgeblich vorbereitet und dem Strukturwandel der Region Impulse gibt, nachhaltig neue Arbeitsplätze zu schaffen..   Aufgrund der politischen Diskussion um die Kohlewirtschaft   sind dabei weiterhin erhebliche Anstrengungen erforderlich

Im Jahr 1999 wurde auf Zollverein die erste europäische Grundsatzerklärung zur Kulturwirtschaft verabschiedet wurde: 1986 als letzte Essener Zeche stillgelegt, ist Zollverein mit seiner stilgebenden Industrie-Architektur von Schupp und Kremmer Weltkulturerbe der UNESCO. In einem Umfeld aus Kreativ-Werkstätten und red dot design museum wächst hier die Zollverein School of Management and Design heran. Seit 2010 ist Zollverein mit seiner zum Besucherzentrum umgebauten Kohlenwäsche der zentrale Anlaufpunkt der Gäste des Ruhrgebietes, ein Highlight auch des DAI Tages 2010.

In diesem Jahr hat der Ausschuss für Stadtentwicklung und Stadtplanung der Stadt Essen erstmals einen Architekturpreis ausgelobt. Der Wettbewerb will die Aufmerksamkeit auf neue Architektur und architektonische Eingriffe in den Bestand richten, mit der die große baukulturelle Tradition der Stadt fortgeschrieben wird. Die gewürdigten Bauprojekte zeichnen sich nicht nur durch ästhetische, sondern auch durch ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit aus. Angestrebtes Ziel der Stadt Essen ist es, als Klima-Hauptstadt weiterhin wegweisende Projekte im Klimaschutz umzusetzen. Der Entwurf eines dieser Projekte, das neue Museum Folkwang, wird mit der Verleihung des „Großen DAI Preises für Baukultur 2010“ an David Chipperfield auch im Rahmen des DAI Tages gewürdigt.

Die Beiträge in der vorliegenden ruhrBAUKULTUR sind bedeutenden Facetten der aktuellen Entwicklung des Ruhrgebietes gewidmet. Das Anliegen des RAIV und des DAI ist es, das Motto „Wandel durch Kultur - Kultur durch Wandel“ mit bedeutenden Projekten der Kunst, Architektur und des Bauwesens zu würdigen. Lassen Sie sich von den Beiträgen der Autoren aus dem Gebiet RUHR2010 inspirieren, und wenn Sie unsere Gäste am DAI Tag sind, seien Sie bereits jetzt herzlich willkommen. Ich bin mir sicher, dass Sie Eindrücke einer fortschrittlichen Ruhrregion mit hohem Freizeitwert mit nach Hause nehmen werden. Denn, was Karten nicht vermitteln, mehr als 50% des Ruhrgebietes sind Wald, Feld, Wiese und Park, umsäumt vom Grüngürtel des Münsterlands, des Niederrheins, des Bergischen Landes und des Sauerlandes. Das Ruhrgebiet mit seiner Vielfalt freut sich auf seine Gäste, und wenn es Ihre Zeit erlaubt, genießen Sie die „Tour de Ruhr“.

Im Namen des Vorstands und der Mitglieder des RAIV zu Essen und des DAI möchten wir uns sehr herzlich bei den Autoren für ihre gelungenen Beiträge bedanken. Den Teilnehmern am DAI Tag wünschen wir eine gute Anreise. Wir freuen uns darauf, die Höhepunkte dieser Tage mit Ihnen zu erleben.

Mit einem herzlichem Gruß und Glückauf,
Dr.-Ing. Ulrich Güttler
Vorsitzender des RAIV Ruhrländischer Architekten- und Ingenieurverein zu Essen e.V.

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