Public Private Partnership (PPP) pro & contra

(in: BAUKULTUR 4_2011, S. 10-11)

Der Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V. (DAI) bearbeitet in diesem Jahr als thematischen Schwerpunkt die Vor- und Nachteile von Betreibermodellen im Rahmen des so genannten Public Private Partnership (PPP/ÖPP). Das Gesetz, das am 8.9.2005 in Kraft getreten ist, sorgt für viele Diskussionen. Dies haben wir zum Anlass genommen, den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Jan Mücke, zu bitten, uns die Vorteile von PPP-Projekten zu nennen. „PPP pro & contra“ wird auch der Inhalt der Diskussionsveranstaltung in Berlin am 26.10.2011 sein, zu der wir u.a. Minister a.D. Wolfgang Tiefensee begrüßen werden, unter dessen Federführung das sog. ÖPP-Beschleunigungsgesetz erarbeitet worden war.

Statement von Christian Baumgart, Präsident des Verbands Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine (DAI)

Bedingt durch ihre große Haushaltsnot haben in den letzten Jahren der Staat und die Kommunen die Verantwortung für die Planung, den Bau und den Betrieb öffentlicher Infrastruktur zunehmend an private Unternehmen abgegeben. Private Anbieter locken damit, dass sie Geld und Know-how einbringen, das die öffentliche Hand dadurch einsparen könne. Die öffentliche Hand spart so Gesamtkosten und verzichtet weitgehend auf eigenes, fachkundiges Personal. Der private Investor will mit diesem Modell verständlicherweise eine möglichst gute Rendite erzielen.

PPP-Verträge haben in der Regel eine Laufzeit von 25 und mehr Jahren. Was sind die Konsequenzen für die öffentliche Hand, wenn der Privatinvestor in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät oder insolvent wird? Sind während der Laufzeit eigene technische Kompetenzen erst einmal abgebaut, wird es umso schwieriger, steuernd einzugreifen und die in jedem Fall nach Vertragsablauf zurückfallenden Investitionen in eigener Regie weiterhin zu unterhalten und zu entwickeln.

Die fast stets enthaltene Behauptung, private Investoren könnten grundsätzlich günstiger und effizienter bauen als die öffentliche Hand, ist definitiv falsch. Gegenbeispiele gibt es zur Genüge. Die Feststellung, vertraglich könne man alles regeln, begegnet der gesicherten Erkenntnis, dass deswegen noch längst nicht alle vertraglichen Ansprüche auch durchsetzbar sind.

Vergabeverfahren und Vertragsverhandlungen mit privaten Investoren entziehen sich naturgemäß der öffentlichen Diskussion und Betrachtung. Darunter leidet die Transparenz solcher Verfahren, die unstrittig erforderliche breite öffentliche Diskussion – insbesondere von Infrastruktur-Großprojekten – wird zumindest erschwert, wenn nicht gar verhindert, letzten Endes leidet die demokratische Legitimation. Ergänzend wird systembedingt der fachliche Einfluss der öffentlichen Hand reduziert, Steuerungs- und Feinjustierungsmöglichkeiten gehen verloren.

Dem DAI als Vertreter der planenden und bauenden Berufe – sowohl auf privater wie auch auf öffentlicher Seite – ist es im besonderen Maße wichtig, auf größtmögliche öffentliche Transparenz der Planungs- und Bauverfahren zu dringen, aber auch, einem schleichenden Know-how bzw. Kompetenzverlust der öffentlichen Hand nachhaltig entgegenzuwirken.

Interview mit Jan Mücke MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)

Eine Partnerschaft setzt gleiche Interessen, Ziele und Rechte voraus. Sind diese bei PPP immer gegeben?
Bei Geschäftspartnerschaften, z.B. zwischen Käufer und Verkäufer, können durchaus unterschiedliche Interessen und Ziele bestehen. In der Regel werden diese durch Vertragsverhandlungen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht. Das ist bei Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) nicht anders. Einerseits werden die vom privaten Partner erwartete Art, der Umfang und die Qualität der Leistung definiert. Andererseits wird ein angemessenes Entgelt für den Privaten festgelegt. Je nach Vertrag können Bonus-Malus-Regelungen getroffen werde. Sie schaffen zusätzliche Anreize für den Privaten und schützen gleichzeitig die öffentliche Hand vor Schlechtleistung. Im Übrigen gibt es bei ÖPP immer auch eine gemeinsame Interessenlage: Aufgrund der für ÖPP-Projekte typischen Lebenszyklusbetrachtung – Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung erfolgen über 20–30 Jahre durch den privaten Partner – haben beide Vertragsparteien ein Interesse an möglichst hoher und nachhaltiger Qualität der Leistungserbringung. Ob die Erwartungen aller Beteiligten erfüllt werden, hängt somit – wie bei allen anderen Verträgen auch – wesentlich von den vereinbarten Regelungen ab. Im Grundsatz gilt: Von einer ÖPP sollen beide Seiten profitieren.

Dienen PPP-Projekte eher den Investoren oder der öffentlichen Hand?
Bei einer ÖPP geht es um eine langfristige, vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Verwaltung und Wirtschaft. Aufgaben und Risiken werden entsprechend der jeweiligen Kompetenz geteilt. Grundsätzlich bietet dies für beide Seiten Vorteile. Das wird am Beispiel von ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau deutlich: Beide Partner haben eine langfristige Planungssicherheit. Da der private Partner die Strecke nicht nur baut, sondern auch für den Erhalt und Betrieb zuständig ist, hat er zudem ein großes Eigeninteresse an einem qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Ergebnis. Für die öffentliche Hand ergeben sich daraus Effizienzgewinne. Werden diese bei der im Vorfeld durchgeführten Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nicht in Aussicht gestellt, wird die Maßnahme gar nicht erst als ÖPP umgesetzt.

PPP war eigentlich angelegt, um den Kommunen eine Linderung ihrer finanziellen Probleme zu bringen. Ist das gelungen?
ÖPP sind kein Allheilmittel. Eine Linderung der kommunalen Finanzprobleme sollte aber auch nicht das bestimmende Motiv für ihren Einsatz sein. Vielmehr bieten ÖPP die Chance, vorhandene Haushaltsmittel effizienter einzusetzen und für das investierte Geld langfristig hochwertige Leistungen zu erhalten.

Einige Kommunen sagen: PPP darf nur dann zum Zuge kommen, wenn sich die öffentliche Hand das entsprechende Bauvorhaben aus normalen Haushaltmitteln leisten könnte. Ist das eine gute Herangehensweise? Grenzt die Kommune nicht damit mögliche Investitionen ein?
Eine ÖPP sollte nicht über die Frage entscheiden: Baue ich oder baue ich nicht? Sie kann jedoch eine mögliche Antwort auf die Frage sein: Wie baue ich? Gelder für ÖPP-Projekte sind – mit Ausnahme des Finanzierungsmodells im Bundesfernstraßenbau, bei dem Einnahmen aus der Lkw-Maut eingesetzt werden – „normale“ Haushaltsmittel. Der wesentliche Unterschied zur konventionellen Bau- und Finanzierungsweise ist, dass die öffentliche Hand mit dem privaten Partner einen langfristigen Vertrag eingeht, aufgrund dessen die Investitionskosten über den gesamten Lebenszyklus fest planbar sind. Es wäre ein Denkfehler anzunehmen, dass man öffentliche Bauten durch eine ÖPP zum Nulltarif erhält. Insofern ergibt es keinen Sinn, Bauvorhaben mit einer ÖPP anzugehen, die man sich sonst nicht leisten kann.

Ein Investor übernimmt nicht die Investition, wenn er nichts daran verdienen kann. Er kassiert die Miete vom Staat. Steht der Staat nicht besser da, wenn er einen Kredit für Investitionen aufnimmt?
Öffentlich-Private-Partnerschaften sind kein Selbstzweck. Eine ÖPP kommt selbstverständlich nur dann zum Zuge, wenn sich nach umfassenden Eignungstests und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen gezeigt hat, dass diese Form einer gemeinsamen Projektrealisierung für die öffentliche Hand erhebliche wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt.

Schränkt PPP den Gestaltungsspielraum einer Stadt/Kommune für die Zukunft ein? Stadtentwicklung „light“?
Auch bei konventioneller Realisierung besteht eine staatliche Pflicht, ein Bauwerk über seinen gesamten Lebenszeitraum instand zu halten und zu bewirtschaften. Öffentlich-Private-Partnerschaften machen diese Verpflichtung vor allem transparent. Ich sehe in ÖPP daher auch keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung des Gestaltungsspielraums für Beschaffungen in unseren Städten und Gemeinden.

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