Vierseithof in Burghausen
(in: BAUKULTUR 6_2020, S. 16-17)
Das Wohnhaus des ehemaligen Stadlerhofs in Burghausen stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und steht unter Denkmalschutz. Um es als Einrichtung für eine Tagespflege umzunutzen, hat das Architekturbüro studio lot aus München das Gebäude behutsam saniert und um einen Anbau erweitert.
Bis die Bauherrschaft nach dem Kauf des Grundstücks mit der Umnutzung und Wiederbelebung des ehemaligen Vierseithofes begann, lag das in die Jahre gekommene Anwesen verlassen inmitten der Neustadt von Burghausen. Daher wurde der Bestand zunächst sorgfältig untersucht. Im Anschluss wurde Schicht für Schicht freigelegt. Frühere Fensteröffnungen wurden wiederhergestellt, belastete Holzböden entfernt, neuzeitliche Anstriche abgetragen und einige der Jahrhunderte alten Bestandteile wieder erlebbar gemacht.
Fassadenplanung
Die neue Fassadengestaltung orientiert sich am Bestand bzw. an den Befunden der ältesten Farbschichten. Neben hell gefassten Gliederungselementen schafft das abgetönte Grau der Fassadenhauptfläche einen edlen Kontrast. Zudem wurden im gesamten Gebäude Kastenfenster eingesetzt. Aus energetischen Gründen erhielten die inneren Fensterrahmen eine Isolierverglasung. Die äußeren Elemente wurden mit gezogenem Glas mit Sprossenteilung ausgestattet. Historisch nachempfundene, geschwärzte Beschläge und Fensterbleche aus Blei unterstützen die authentische Wirkung. Nach fortschreitender Verwitterung werden die Bleche eine einzigartige, weißliche Patina annehmen.
Sanierung der Innenräume
In den Flurbereichen im Erdgeschoss wurde der Natursteinboden aus Rotmarmor aufgearbeitet. Die bestehenden Holzdielen in den Fluren des Obergeschosses konnten hingegen nicht erhalten werden, da eine Material-untersuchung hohe Konzentrationen von PCB (Chlorverbindung) ergeben hat. Dieser giftige Stoff kam früher als Holzschutzmittel zum Einsatz, tritt nur langsam aus dem Material aus und belastet die Raumluft bzw. die Gesundheit der Bewohner. Als neuer Bodenbelag für die Flure im Obergeschoss sowie für alle Aufenthaltsräume dienen weißlich geölte Eichendielen. Die ruhige Holzoberfläche bildet einen warmen Kontrast zu den dunkelgrünen Türen und den roten Natursteinböden. Die tiefgrünen Füllungstüren mit den historischen Türzargen wurden neu gesetzt. In den beiden Sälen des ehemaligen Damen- und Herrenzimmers legten Restauratoren zudem bauzeitliche Wandmalereien frei.
Notwendige Einbauten
Die brandschutztechnisch erforder-lichen neuen Einbauten in den Fluren sind als Schreinerarbeiten ausgeführt. Da die Türelemente dauerhaft offenstehen und erst im Brandfall schließen, wurden diese möglichst dezent geplant mit Glasfüllung und reduziert gestalteten, weiß gestrichenen Türrahmen. Im Gegensatz dazu heben sich die neuen Sanitärbereiche deutlich vom historischen Bestand ab. Als farbige Box sind sie in warmen Rottönen in den Raum gestellt, wobei die oberhalb installierte indirekte Beleuchtung die Gewölbedecke unterstreicht.
Erschließungsanbau
Für die Nutzung als Tagespflege wurde das Gebäude um einen Anbau erweitert. Dieser dient als Erschließungstrakt und zusätzlicher Fluchtweg. Darüber hinaus bietet er Platz für den Personenaufzug, der das Gebäude barrierefrei erschließt. Architektonisch bewusst vom Baudenkmal abgesetzt, nutzt der Anbau vertikale Fensterbänder als Fuge zwischen Alt- und Neubau. Die großzügige Verglasung lässt viel Tageslicht in den Haupteingangsbereich einfallen. Helle großformatige Bodenfliesen, die Treppe aus Eichenholz und teilweise sichtbare Betonoberflächen schaffen einen zeitgemäßen Kontrast zum Bestand.