Stadtbibliothek Stuttgart
(in: BAUKULTUR 5_2012, S. 22-23)
Die durch das Kölner Architekturbüro Eun Young Yi errichtete Stadtbibliothek Stuttgart liegt am Mailänder Platz inmitten des städtebaulichen Planungsgebiets Europaviertel. Der in Form eines Würfels geplante Baukörper mit einer Kantenlänge von fast 45 m wirkt nach außen mit hellgrauem Sichtbeton und mattierten Glasbausteinen durch seine körperlich spürbare Präsenz.
Abgetreppte Galerien weiten den Lesesaal nach oben trichterförmig auf (Foto: Stefan Müller)
Historische Vorbilder
Während das Gebäude mit entschieden klarer, geometrischer Form und fokussiertem Eingang vom „Kenotaph für Newton“ von Etienne Boullée inspiriert wurde, wird mit dem Herzen der Bibliothek der antike Raumtyp „Pantheon“ vor dem Hintergrund unserer veränderten technischen Wirklichkeit neu interpretiert. Die Bibliothek wird gleichsam von einer zweiten Fassade umschlossen und liegt als würfelförmiger Raum in der Mitte des Gebäudes, durch ein zentrales Oberlicht erhellt. Sein „Oculus“ mündet in den darüber liegenden trichterförmigen Lesesaal.
Beim Lesesaal handelt es sich ebenfalls um einen jahrtausendealten Raumtyp, wie z. B. den Entwurf Etienne Boullées für die französische Nationalbibliothek von 1785. Jetzt wird er zeitgemäß umgesetzt, allerdings in einer kompakten, quadratischen Form und als 5-geschossiger Raum, dessen Hülle aus Büchern besteht. Die spiralförmig angeordneten Erschließungstreppen sind als fließende Flanierwege konzipiert. Abgetreppte Galerien weiten den Raum trichterförmig nach oben auf. Licht flutet durch das Glasdach, das zum Raum mit einer Gitterrostabhangdecke und nach oben komplett mit Sonnenschutzlamellen abgeschlossen ist.
Unterhalb des Herzens befindet sich das Forum. Es dient als Veranstaltungsraum und ist als dritte Variation des quadratischen Raumformats flach und scheibenförmig ausgebildet und in ein dunkles Pastellblau gefärbt. Das Forum ist in zwei Hälften teilbar und verfügt über ca. 300 Sitzplätze.
Eingangshalle
Die Bibliothek kann von allen 4 Seiten besucht werden. In der ringförmig angeordneten Eingangshalle sind die Medienrückgabeautomaten der Buchsortieranlage installiert, deren Funktionsablauf durch Glaswände betrachtet werden kann. Zudem befinden sich hier neben Informationstafeln und Videoinstallationen die Warte- und Zeitungslesezonen.
Fassade
Die Fassade besteht aus 9 x 9 Glasbausteinfeldern in hellgrauen Sichtbetonrahmen. Die Gebäudehülle ist als Doppelfassade aus einer Glasbausteinebene und einer inneren Pfosten-Riegel-Fassade als thermischer Gebäudehülle konzipiert. Der Fassadenzwischenraum ist als Flanierweg nutzbar und wird nachts blau beleuchtet.