Einen Tag nach der Verkündung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts im Bundesgesetzblatt am 23.4.2009 ist das reformierte Vergaberecht in Kraft getreten. Alle Auftragsvergaben mit einem Wert, der die EU-Schwellenwerte erreicht oder überschreitet, unterliegen den neuen Regelungen, sofern sie am 24.4.2009 oder später beginnen.
Zahlreiche Änderungen sind durch öffentliche Auftraggeber zu beachten und haben die Rechtsposition der Unternehmen verändert. Einige der wichtigsten Neuerungen werden nachfolgend erläutert:
Vergibt ein Auftraggeber einen Auftrag ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens und ohne sonstige Beteiligung weiterer Interessenten an ein Unternehmen („De-facto-Vergabe"), ist der Vertrag von Anfang an unwirksam, wenn der Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt wird. Dieses Nachprüfungsverfahren kann jedoch nur innerhalb von 30 Tagen nach Kenntnis von der De-facto-Vergabe eingeleitet werden, spätestens aber 6 Monate nach dem Zuschlag. Bislang war die De-facto-Vergabe nicht ausdrücklich geregelt.
Die Voraussetzungen für Nachprüfungsverfahren sind verschärft worden. Vergaberechtsverstöße die erst in den Vergabeunterlagen, z.B. der Leistungsbeschreibung, erkennbar sind, müssen spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden. Auf eine spätere Kenntnis des Bieters kommt es daher in diesen Fällen nicht mehr an. Weiterhin ist ein Nachprüfungsverfahren nun innerhalb von 15 Tagen einzuleiten nachdem der Bieter die Mitteilung des Auftraggebers erhalten hat, dass dieser der Rüge des Bieters nicht abhilft.
Die Ausschreibungspflichtigkeit von Grundstücksverkäufen durch öffentliche Auftraggeber infolge der „Ahlhorn"-Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf soll durch eine Neudefinition des Bauauftrags ausgeschlossen werden. Gleichwohl bleibt abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof eine diesbezügliche Vorlagefrage des Oberlandesgerichts Düsseldorf beantwortet. Es ist nicht auszuschließen, dass die neue Definition des Bauauftrags gegen Europarecht verstößt und somit wieder rückgängig zu machen ist.
Die bisherige Rechtsprechung zur Losaufteilung wurde im Wesentlichen in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) übernommen: Ein öffentlicher Auftrag ist in Lose aufzuteilen, wenn nicht wirtschaftliche oder technische Gründe eine Gesamtvergabe erfordern.
Auftragsfremde Anforderungen wie soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte dürfen von den Auftragnehmern gefordert werden, sofern diese im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben.
Die Pflicht zur Versendung einer Vorinformation an die erfolglosen Bieter vor Erteilung des Zuschlages wurde modifiziert. Die Stillhaltefrist beträgt nun 15 Tage ab Versendung der Vorinformation anstatt wie bisher 14 Tage. Jedoch sind nun auch Ausnahmen möglich: Wird die Vorinformation per Fax oder elektronisch versendet, verkürzt sich die Frist auf 10 Kalendertage, bei Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung wegen besonderer Dringlichkeit kann die Vorinformation sogar zur Gänze unterbleiben.
Dr. Hermann Rothfuchs, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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