Keine Pflicht des Auftraggebers zur Vorgabe der Honorarzone?

Die Vergabekammer (VK) Hessen hat mit Beschluss vom 27.07.2015 – 69d-VK-24/2015 – Folgendes entschieden:

Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, die Honorarzone verbindlich vorzugeben, da die Verantwortung für die Ermittlung der Honorarzone beim Planer liegt. Diesem steht bei der Einzonung ein gewisser Spielraum zu, sodass eine vertretbare Festlegung der Honorarzone genügt.

Ein Auftraggeber (AG) hatte Architektenleistungen in zwei Losen im Verhandlungsverfahren europaweit ausge-schrieben. Gegenstand des Loses 2 waren Architektenleistungen der Leistungsphase 5 – 9 gem. § 33 HOAI. Mit den vorangegangenen Leistungsphasen 1 – 4 (Los 1) war das Büro B vorab beauftragt worden. Der AG hatte weder in der Bekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen Honorarzonen vorgegeben; diese sollten von den Bewerbern ermittelt und angegeben werden. Bieter A legte seinem Honorarangebot darauf die Honorarzone IV zugrunde, wogegen B die Honorarzone III anbot. Nachdem A vom AG darüber informiert worden war, dass B den Zuschlag erhalten sollte, rügte A die von B angenommene Honorarzone III und reicht – nach Ablehnung der Rügeabhilfe durch den AG - Nachprüfungsantrag ein. Nach Auffassung des A unterfällt das Bauvorhaben zwingend der Honorarzone IV mit der Folge, dass das Angebot des B unterhalb der Mindestsätze der HOAI liege und ihm daher der Zuschlag nicht erteilt werden dürfe.

Die VK lehnt den Nachprüfungsantrag als unbegründet ab. Die VK sieht keine Verpflichtung des AG, die Honorarzone verbindlich vorzugeben. Aus § 11 Abs. 5 Satz 3 VOF folge, dass der AG bei der Auftragserteilung den Preisrahmen der HOAI zu berücksichtigen habe. Dabei stelle diese Vorschrift auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung ab. Im Vorfeld, d.h. bei Angebotslegung, sei es allein Sache des Bieters, den gesetzlichen Rahmen der einschlägigen Honorarordnung zu beachten. Eine Verpflichtung des AG, die Honorarzone verbindlich vorzugeben, folge weder aus § 6 VOF noch aus den allgemeinen Grundsätzen des Vergaberechts. Nach der Aufgabenzuweisung der HOAI sei es alleinige Verantwortung des Planers, den gesetzlichen Rahmen der HOAI zu beachten, während eine verbindliche Vorgabe der Honorarzone den Verhandlungsspielraum einschränke. Es sei vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn der AG die richtige Anwendbarkeit der Honorarordnung in die Hände der Bieter lege. Die Zuordnung zu den einzelnen Honorarzonen erfolge dabei nach § 5 Abs. 3 HOAI anhand der Regelbeispiele der einschlägigen Objektlisten sowie den Bewertungsmerkmalen und der Anzahl der Bewertungspunkte. Entscheidend sei, ob sich das Honorarangebot innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens bewege und im Sinne der Rechtsprechung (des BGH) eine vertretbare Festlegung der Honorarzone vorliege. Hier sei die Einordnung in die Honorarzone III durch A mit guten Argumenten vertretbar, sachlich nachvollziehbar und auch nach der Objektliste Gebäude gem. Anlage 10.2 HOAI als auch anhand der Bewertungsmerkmale und Bewertungspunkte nach § 35 Abs. 2, 4 HOAI plausibel. Den Bietern stehe bei der Einzonung ein Beurteilungsspielraum zu, der sich daraus ergebe, dass der Schwierigkeitsgrad ein- und desselben Objekts je nach Erfahrung, Größe und Zuschnitts des Büros des jeweiligen Berufsträgers unterschiedlich beurteilt werde. Dies bedeute, dass es nicht eine einzig objektive richtige Einordnung gebe.

Anmerkung
Die Entscheidung führt die Rechtsprechung des OLG Koblenz (Beschluss vom 29.01.2014 – 1 Verg 14/13) fort. Während letztere jedoch auf die Unanwendbarkeit der HOAI auf Planer mit Sitz in anderen Mitgliedsstaaten der EU abstellt, betont die Entscheidung der VK Hessen den bereits vom BGH (Urteil vom 11.11.2004 – I ZR 156/02) aufgezeigten Beurteilungsspielraum des Planers.

Weitere Informationen: ZIRNGIBL LANGWIESER, Rechtsanwälte Partnerschaft, www.zl-legal.de

Ansprechpartner: Michael Werner, Rechtsanwalt, Tel.: 030 - 880 331 - 235, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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